Paar informiert sich, wie sie das Haus zu Lebzeiten an Kinder überschreiben können.

Wollen Sie Ihrem Kind den Eigenheim-Wunsch erfüllen? Oder wird Ihnen das Haus mit Umschwung schlicht zu gross? Gründe, das Haus zu Lebzeiten an ein Kind zu überschreiben, gibt es viele. Wir zeigen Ihnen Schritt für Schritt, was Sie beachten und tun müssen, damit Ihrem Nachwuchs das neue Eigenheim Freude bereitet. Auch erfahren Sie, wie Sie Erbstreitigkeiten vermeiden können.

Die Kinderzimmer stehen schon lange leer und auch der Garten wird Ihnen langsam zu gross – Sie würden lieber in eine kleinere Wohnung ziehen und Ihr Haus oder Ihre Wohnung Ihren Kindern überschreiben. Bei der sogenannten «Übergabe der Liegenschaft zu Lebzeiten» sollten Sie strukturiert vorgehen. Auch gibt es im Gegensatz zu einem Verkauf an Dritte anderweitige gesetzliche Vorschriften.

Bei der Übergabe Ihres Hauses an ein Kind entfallen Kosten und Gebühren

Maklerkosten und Handänderungssteuern entfallen, wenn Sie Ihr Haus oder Ihre Wohnung an ein Kind überschreiben. Die Grundstückgewinnsteuer auch fast immer. Deshalb besagt die Faustregel, dass der Übernahmepreis innerhalb der Familie, genannt Familienpreis, 10 Prozent günstiger ist als der Preis, welcher beim Verkauf an Dritte, genannt Marktpreis, fällig wird. Es kann für die Kinder also finanziell sehr attraktiv sein, das Haus der Eltern zu übernehmen.

Was Sie beachten und tun müssen, wenn Sie Ihr Haus an ein Kind überschreiben

1. Ermitteln Sie als Eltern Ihre eigenen Bedürfnisse

Klären Sie im Vorfeld diese persönlichen Fragen:

  • Wollen Sie weiterhin in der Immobilie wohnen und nur die Verantwortung an Ihre Kinder übergeben?
  • Haben Sie den Wunsch, ein neues Wohneigentum zu kaufen?
  • Oder wollen Sie zukünftig lieber eine Wohnung oder gar ein kleineres Haus mieten?

Das Beantworten dieser Fragen dient anschliessend als Grundlage für die Diskussion mit den Kindern. Denn die Art der Übertragung Ihrer Immobilie ist abhängig von den eigenen Wünschen und Bedürfnissen.

Nutzniessung oder Wohnrecht: Das müssen Sie wissen

Wenn Eltern weiter in der Immobilie wohnen möchten, haben sie neben der Miete die Wahl zwischen Nutzniessung und Wohnrecht. Diese Rechte werden in der Regel im Grundbuch eingetragen. Das Nutzniessungsrecht und das Wohnrecht bedeuten für die neue Eigentümerin oder den neuen Eigentümer, in diesem Fall die Kinder, eine Einschränkung in der Ausübung ihrer Rechte. Sie bewirken eine Wertverminderung der Liegenschaft.

Nutzniessung und Wohnrecht im Vergleich

Nutzniessung
Wohnrecht
Inhalt
  • Das Eigentum wird vom Nutzniesser übertragen. Der Nutzniesser darf das Objekt aber nutzen. Sofern es nicht als persönliches Recht ausgestaltet ist, ist dieses Recht übertragbar. Es wird im Grundbuch eingetragen und endet üblicherweise mit dem Tod des Nutzniessers. 
  • Das Eigentum wird vom Wohnberechtigten übertragen. Der Wohnberechtigte darf aber im Objekt oder in Teilen davon wohnen. Dieses Recht ist persönlich und nicht übertragbar. Eingetragen wird es im Grundbuch. Es endet üblicherweise mit dem Tod des Wohnberechtigten.
Rechte
  • Die Liegenschaft darf vom Nutzniesser selbst bewohnt oder vermieten werden.
  • Der Nutzniesser hat das Recht auf Fremderträge (Miete, Zinsen).
  • Die Liegenschaft darf vom Nutzniesser nicht umgestaltet werden. Er hat kein Recht dazu.
  • Die Liegenschaft oder Teile davon darf vom Wohnberechtigten ausschliesslich selbst bewohnt werden. Sofern nichts anderes vereinbart wurde, ist die Aufnahme von Familienangehörigen und Hausgenossen gestattet. 
  • Auf Fremderträge hat der Wohnberechtigte kein Recht.
  • Die Liegenschaft darf vom Wohnberechtigten nicht umgestaltet werden. 
Pflichten
  • Für Unterhalt, Hypotheken, Versicherungen sowie Heiz- und Nebenkosten kommt der Nutzniesser auf. Schäden durch ordnungsgemässen Gebrauch sind ausgenommen.
  • Für den gewöhnlichen Unterhalt sowie Heiz- und Nebenkosten kommt der Wohnberechtigte auf.
Steuern
  • Der Vermögenswert der Liegenschaft, der Eigenmietwert bzw. die Einnahmen (z. B. Mieterträge) aus der Liegenschaft werden vom Nutzniesser versteuert. Er kann Abzüge (Unterhalt, Hypothekarzinsen, Versicherungsprämien) geltend machen, sofern er diese Kosten trägt.
  • Der Eigentümer versteuert den Vermögenswert der Liegenschaft, der Wohnberechtigte den Mietwert ohne Selbstnutzungsabzug. 
  • Abzüge für den Unterhalt können vom Wohnberechtigten geltend gemacht werden, sofern er die Kosten trägt.
  • Die vom Eigentümer getragenen Hypothekarzinsen und Versicherungsprämien können von ihm von den Steuern abgezogen werden.

2. Beauftragen Sie eine finanzielle Standortbestimmung

In einer finanziellen Standortbestimmung werden die folgenden Fragen behandelt:

  • Welche Einnahmen und Ausgaben entstehen bei Ihnen im Rentenalter?
  • Welche Projekte wollen Sie noch realisieren?
  • Wie hoch sollten Ihre Reserven für Unvorhergesehenes sein?

Durch Klären dieser Fragen werden die finanziellen Möglichkeiten ermittelt. Auch wird berechnet, zu welchen Konditionen Ihre Immobilie an die nächste Generation weitergegeben werden kann.

Paar geniesst den Ruhestand durch geregelten Nachlass und Erbteilung.
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3. Klären Sie die Interessen und finanziellen Möglichkeiten Ihrer Kinder

Ein Eigenheim kann im Alleineigentum, im Miteigentum oder im Gesamteigentum erworben werden. Je mehr Eigentümer an einer Immobilie beteiligt sind, desto grösser ist das Konfliktpotenzial. Entscheidungen sind dann gemeinsam zu treffen. Streitigkeiten unter Geschwistern sind leider keine Seltenheit.

4. Definieren Sie den Übernahmepreis

1. Lassen Sie das Haus durch Spezialistinnen und Spezialisten schätzen (Marktpreis).

2. Legen Sie den „Familienpreis“, zu welchem das Kind das Haus übernehmen kann, fest. Wie bereits erwähnt – Maklerkosten und Handänderungssteuern entfallen. Die Grundstückgewinnsteuer auch fast immer.

5. Legen Sie die Finanzierung fest

Ist der Übernahmepreis für das Kind definiert, geht es um die Finanzierung und somit die Art der Übertragung. Die Übertragung einer Liegenschaft zu Lebzeiten auf die Nachkommen kann auf drei verschiedene Arten erfolgen: Vollständige Schenkung (unentgeltlicher Erbvorbezug), gemischte Schenkung (Verkauf zum reduzierten Preis, kann im Übrigen auch als Erbvorbezug gelten) und Verkauf zum Marktwert

Verkauf: Beim reinen Verkauf haben Ihre Nachkommen genügend Eigenmittel und können den gesamten Kaufpreis bezahlen. Als Kaufpreistilgung zählt nebst dem Eigenmittelanteil auch die Übernahme bestehender Hypothekarschulden. Falls Sie ein Nutzniessungs- oder Wohnrecht vereinbart haben, ist der Wert dieses Rechtes ebenfalls als Gegenleistung zu verrechnen. Auch ein Darlehen ist eine Gegenleistung.

Gut zu wissen

Bei einem Verkauf muss die Verkäuferin oder der Verkäufer auf dem erzielten Gewinn eine Grundstückgewinnsteuer bezahlen. Der Gewinn ergibt sich aus dem Verkaufspreis abzüglich Anlagekosten. Je länger die Besitzdauer war, umso günstiger ist die Grundstückgewinnsteuer im Kanton Thurgau.

Erbvorbezug/Schenkung: Ihre Nachkommen können den Preis, oder einen Teil davon, nicht bezahlen. Verzichten Sie auf einen Teil des Übernahmepreises und fordern ihn auch in Zukunft nicht ein, gilt die Differenz zum Übernahmepreis als Erbvorbezug/Schenkung. Wird ein Erbvorbezug gewährt, sind steuer- und erbrechtliche Folgen zu beachten. Das Erbrecht sieht vor, dass Erbvorbezüge bei einer späteren Erbteilung unter den Nachkommen auszugleichen sind. Werden Liegenschaften mit einem Erbvorbezug übertragen, ist der auszugleichende Wert der Liegenschaft zum Zeitpunkt der Erbteilung und nicht derjenige zum Zeitpunkt der Übertragung massgebend.

Bei der Schenkung können die Eltern mit ihren Kindern ausserdem die weitere Wohnsituation regeln. Eine Schenkung kann sowohl aus steuerlichen als auch aus familiären Gründen vorteilhaft sein, denn einerseits können die Eltern durch eine frühzeitige Übertragung des Eigenheims sicherstellen, dass das Vermögen in der gewünschten Weise auf die nächste Generation übergeht, und anderseits kann zum Beispiel bei einer vollständig unentgeltlichen Schenkung die Besteuerung aufgeschoben werden. 

Gut zu wissen

Wenn der Erbvorbezug mindestens 25 Prozent vom geschätzten Liegenschaftswert ist, übernimmt die oder der Erwerbende die Grundstückgewinnsteuerlast. Die Besitzdauer wird ebenfalls angerechnet. Dieser Aufschub begründet den 10 Prozent tieferen Familienpreis. Deshalb wird empfohlen, den Übernahmepreis und den auszugleichenden Betrag mit der gesamten Familie in einem Erbvertrag zu regeln. Das erspart spätere Erbstreitigkeiten. Gerne beraten unsere Erbschaftsspezialistinnen und -spezialisten Sie zu diesen Themen.

6. Übertragen Sie die Liegenschaft nun auf das Kind oder die Kinder

Vereinbaren Sie einen Termin auf dem Grundbuch-Amt und überschreiben Sie die Immobilie wie vereinbart. Halten Sie ausserdem den Übernahmepreis als Erbvorbezug in einem Erbvertrag fest.

Tochter und Vater regeln den Nachlass und überschreiben das Haus zu Lebzeiten.
Frühzeitig Nachlass regeln

Eine frühzeitige Regelung des Nachlasses stellt sicher, dass die Erbteilung in Ihrem Sinn und im Interesse der Erbenden gerecht sowie reibungslos durchgeführt werden kann. Sprechen Sie mit unseren Spezialistinnen und Spezialisten über das Thema.

Das Bild zeigt eine junge Frau, die auf einem Smartphone die Seite mit dem Thurgauer Eigenheimindex auf der TKB Website anschaut.
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Simone Ramirez Rojas
Senior Erbschaftsberaterin

Simone Ramirez Rojas, Senior Erbschaftsberaterin, stand dem Redaktionsteam bei diesem Artikel mit ihrer Fachexpertise unterstützend zur Seite. Simone ist 35 Jahre alt, in Arbon aufgewachsen, verheiratet und lebt in Muolen. Die Inhaberin des Thurgauer Notarenpatentes und Finanzplanerin mit eidg. Fachausweis ist schon seit über 11 Jahren bei der Thurgauer Kantonalbank und führt Beratungen im Ehegüter- und Erbrecht sowie bei Erbvorbezügen durch, erstellt Ehe- und Erbverträge sowie Vorsorgeaufträge und Erbteilungsverträge. Sie unterstützt die TKB-Kundenberaterinnen und TKB-Kundenberater bei Erbschaftsfragen und referiert bei Fachveranstaltungen und Schulungen. In ihrer Freizeit verwöhnt sie gerne ihre Tochter mit leckeren Bäckereien, verbringt Zeit mit ihrer Familie und Freunden, powert sich im Zumba aus und plant und entdeckt neue Feriendestinationen.