«Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen.» Das wusste schon Mark Twain. Und auch beim Anlegen trifft dies zu. Aus der Vergangenheit lernen sollte man aber – denn es lohnt sich. Wer aus der Vergangenheit lernt, versteht besser, was beim Anlegen wichtig ist. Denn das Auf und Ab an den Börsen folgt einem Grundmuster. Und Erfahrung hilft, Anlagefehler zu vermeiden. In diesem Blog-Artikel zeigen wir, welche Lektionen uns die Börsengeschichte der letzten Jahrzehnte lehrt.
Lektion 1: Investiert und diversifiziert bleiben
Angesichts der seit Jahren tiefen Zinsen gewinnt Anlegen stetig an Bedeutung. Warum? Weil man mit Wertpapieranlagen gute Renditen erwirtschaften kann. Und weil sich im heutigen Umfeld generell höherer Inflationsraten nur damit der Kaufkraftverlust beim Vermögen verhindern lässt. Leider begehen aber Anlegerinnen und Anleger immer wieder die gleichen Fehler – Fehler, die sie wertvolle Rendite kosten können. Wer die folgenden zwei Regeln beachtet, der schafft die Voraussetzungen, um mit Aktienanlagen langfristig erfolgreich zu sein.
1. Anlagestrategie definieren
Vor einem Investment sollte man sich eine Anlagestrategie zurechtlegen. Eine solche muss die persönliche Situation, den Anlagehorizont sowie die eigene Risikofähigkeit und -bereitschaft berücksichtigen. Die Anlagestrategie gibt vor, wie das Portfolio langfristig zusammengesetzt sein soll. Mehr zum Thema Anlagestrategie im Artikel «80 Prozent der Performance hängen von der Strategie ab.»
2. Anlageportfolio breit diversifizieren
Diversifizieren bedeutet, dass man seine Investitionen auf verschiedene Anlageklassen (Aktien, Obligationen etc.) und innerhalb der Klassen auf unterschiedliche Branchen aufteilt. So lassen sich Einzeltitel- und Marktrisiken reduzieren. Wichtig ist, dass die Anlagen möglichst unterschiedlich auf verschiedene Marktereignisse reagieren. Beherzigt man diese zwei Regeln, kommt man auch durch schwierige Phasen. Wie die folgende Grafik zeigt, gab es in der Geschichte der letzten 100 Jahre immer wieder grosse Kurseinbrüche, sogar von bis zu 50 %. Die Geschichte zeigt aber auch, dass gut daran tat, wer investiert blieb.
Kurseinbrüche der letzten 100 Jahre
Trotz dieser Korrekturen konnte man mit Schweizer Aktien in dieser Zeitspanne im Durchschnitt eine Rendite von 7,5 % (Vorkosten) pro Jahr erwirtschaften. Dies, sofern man auch seine Dividenden, also die jährliche Gewinnausschüttung bei den Aktien, laufend reinvestierte. Und obwohl der Markt während der Hälfte der Zeit (nächste Grafik: hellgrüne Phasen) erst wieder seinen jeweiligen alten Höchststand erreichen musste, hat es sich gelohnt, an seiner Strategie festzuhalten.
Wertentwicklung Aktienportfolio der letzten 100 Jahre
Eine Anlage in Schweizer Aktien hat sich zwischen Januar 1925 und April 2023 von CHF 100 auf über CHF 144'200 vervielfacht. Und dies, obwohl in dieser Zeit Ereignisse wie der 2. Weltkrieg, der Korea- und der Vietnamkrieg, der Bau der Berliner Mauer, zwei Ölkrisen, der Zusammenbruch der Sowjetunion, die Anschläge vom 11. September, die grosse Finanz- und Eurokrise oder die Corona-Pandemie stattfanden.
Fazit Lektion 1
Ein langer Anlagehorizont, eine breit diversifizierte Aktienanlage und eine klare Anlagestrategie zahlen sich aus.
Lektion 2: Bei Kurskorrekturen nicht verkaufen
Wir haben in Lektion 1 gelernt, dass es sich lohnt, langfristig zu denken und an seiner Anlagestrategie konsequent festzuhalten. Doch nicht alle Anlegerinnen und Anleger bewahren bei starken Kurskorrekturen die Nerven. Nicht selten geraten sie in Panik, wenn sie sehen, wie ihr Portfolio an Wert verliert. Mit Panikverkäufen möchten sie ihre Kursverluste begrenzen.
Doch gerade dies sollte man nicht tun. Denn Korrekturen sind Teil des Börsenalltags. Auf lange Frist haben sie keinen grösseren Einfluss auf die Vermögensentwicklung. Die folgende Grafik zeigt dies anhand des europäischen Aktienindexes MSCI Europa eindrücklich: Obwohl es in den letzten 40 Jahren fast jährlich heftige Kurskorrekturen gab, musste man in diesen vier Jahrzehnten nur neun Mal eine negative Jahresperformance verbuchen.
Mehrheitlich positive Jahresperformance trotz starker Kurskorrekturen
Was zusätzlich zu Buche schlägt, ist die Tatsache, dass Anlegerinnen und Anleger, die bei Kurskorrekturen Panikverkäufe tätigen, tendenziell zu spät wieder einsteigen – teils erst dann, wenn man sich wieder Höchstkursen nähert. Sie verpassen dadurch einen Grossteil des Aufschwunges.
«Rebalancing» – mit der Strategie auf Kurs bleiben
Kursrückschläge bieten langfristige Kaufgelegenheiten. Und nach Marktkorrekturen sollte man ein Rebalancing durchführen. Dabei geht es darum, die anteilsmässige Zusammensetzung eines Portfolios gemäss der gewählten Anlagestrategie wiederherzustellen. Legt man nämlich entlang einer klaren Anlagestrategie an, so verschieben sich bei heftigen Kursausschlägen die prozentualen Anteile einzelner Anlageklassen im Portfolio. Fallen die Aktienkurse, verringert sich der prozentuale Anteil von Aktien im Portfolio. Beim Rebalancing kauft man Aktien antizyklisch nach und stellt so die strategische Zusammensetzung des Portfolios wieder her – man bringt es wieder ins Gleichgewicht. Ein regelmässiges Rebalancing ist in allen Marktphasen sinnvoll, denn es hilft, die Risiken und Chancen im eigenen Portfolio im Plan zu halten.
Fazit Lektion 2
Kurskorrekturen gab es in den letzten Jahrzehnten fast jährlich - aber in den wenigsten Jahren gab es eine negative Jahresperformance. Folgende Tipps sollte man beachten:
Tipp 1: Der Strategie treu bleiben
Nervöse Anlegerinnen und Anleger sollten sich in Zeiten von Rückschlägen vor medialem Lärm schützen, nicht täglich ins Depot schauen und nicht überstürzt handeln. Es gilt, der Qualität der eigenen Strategie zu vertrauen.
Tipp 2: Regelmässig ein mögliches Rebalancing prüfen
Erfahrene Anlegerinnen und Anleger mit mehr Risikofreude sollten nach Rückschlägen von 10–15 % günstig Aktien zukaufen. So können sie mittels Rebalancing die gesunkene Aktienquote wieder auf das in der Anlagestrategie vorgesehene Niveau erhöhen. Historisch hat dies über die Zeit immer eine Performance-Steigerung gebracht. In unseren Vermögensverwaltungsmandaten übernehmen wir das Rebalancing. Zuletzt war dies der Fall bei Beginn der Covid-Pandemie im März 2020 und nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine per Ende Februar 2022.
Lektion 3: Timing geht meistens schief
Kurseinbrüche gehören also zum Börsenalltag. Und häufig folgen auf schwarze Tage ebenso heftige Kursanstiege. Wer also auf Höchstkursen verkauft und beim Tiefstkurs wieder investiert, kann zusätzliche Kursgewinne erzielen – so könnte man jedenfalls meinen.
Doch es besteht das Risiko, dass man seine Performance verschlechtert statt verbessert, wenn man zur Unzeit Käufe und Verkäufe tätigt. Denn es sind wenige Tage, die über die Performance entscheiden, wie die folgende Grafik mit dem Rückblick auf die letzten 20 Jahre zeigt.
Wenige Tage entscheiden über die Performance
- Wenn man kurz vor dem Platzen der Technologieblase im Jahr 2001 einen Betrag von 10 Franken in Schweizer Aktien investiert hat und auch während der Banken- und Finanzkrise 2008 durchgehalten hat, dann hat man den Wert seines Investments nahezu verdreifacht.
- Wenn man in diesen rund 4'000 Börsentagen die besten 10 Tage nicht investiert war, dann ist man noch immer im Plus, doch nur noch mit 60 %.
- Wenn man aber bei den 50 besten Tage nicht dabei war, dann hat am rund zwei Drittel seines Einsatzes verloren.
Fazit Lektion 3
Das perfekte Timing zu treffen ist unmöglich. Anlegerinnen und Anleger fahren in der Regel am besten, wenn sie konsequent an ihrer Anlagestrategie festhalten.