Das Baugewerbe ist im Dauerhoch. Bei den Dienstleistungsunternehmen läuft es rund. Der Handel hat zu beissen. Und die Industrie kann den Abwärtstrend etwas bremsen. So lässt sich die gegenwärtige Wirtschaftslage der Thurgauer Unternehmen in aller Kürze zusammenfassen.
Geopolitische Konflikte, die Inflation, hohe Energiepreise, der Fachkräftemangel und zunehmend auch der starke Franken – sie bremsen zwar die Wirtschaft und drücken auf die Konsumentenstimmung. Allerdings nehmen es die Thurgauer Unternehmen relativ entspannt zur Kenntnis. Über alle Branchen hinweg bezeichnen fast 90% der Umfrageteilnehmer das Geschäftsjahr 2023 als «befriedigend» oder «gut», was im Vorjahresvergleich einer stabilen Entwicklung entspricht.
«Viele Thurgauer Unternehmen haben in den vergangenen Jahren wiederholt ihre Widerstandsfähigkeit bewiesen», sagt Remo Lobsiger, Leiter des Geschäftsbereichs Geschäftskunden der TKB, im Interview.
Jedes dritte Thurgauer Unternehmen musste Umsatzeinbussen hinnehmen
Frage: Wie hat sich das Geschäftsjahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr entwickelt?
Die Schweiz behauptet sich in schwachem Umfeld
Bei einem Blick auf die einzelnen Indikatoren würde man allerdings ein anderes Bild erwarten. Im Durchschnitt verzeichnen die Unternehmen aller Branchen einen deutlichen Rückgang des Umsatzwachstums und der Auslastung. Bedeutend mehr Unternehmen berichten von einer Verringerung ihrer Gewinne als von einer Erhöhung.
«Die Thurgauer Wirtschaft hat zwei sehr starke Jahre hinter sich. Nun erleben wir eine Phase der Normalisierung», ordnet Remo Lobsiger ein. Aber selbst dieses etwas tiefere Niveau stelle immer noch eine starke Position dar – insbesondere im Vergleich zum Ausland.
In der Binnenwirtschaft läuft es nach wie vor gut. Im Baugewerbe werden die grossen Auftragsbestände abgearbeitet. Von den Dienstleistungsunternehmen kommen äusserst positive Signale. Exportorientierte Unternehmen sind weniger zufrieden. Wegen schwacher Wirtschaftsentwicklungen im Ausland fehlt die Nachfrage.
Positive Beurteilung des Geschäftsjahres 2023, trotz Rückgang des Gewinns und Umsatzwachstums
Beurteilung des Geschäftsjahres: Saldo aus «gut» und «unbefriedigend»
Gewinn und Umsatz: Saldo aus «höher» und «geringer»
Positive Vorzeichen für 2024
Trotz sinkendem Umsatzwachstum und geringerem Gewinn wurde 2023 kaum Personal abgebaut. Im Gegenteil: Der Personalbestand nahm in fast allen Branchen zu. Das hat zwei Gründe: Einerseits ist der Fachkräftemangel nach wie vor die mit Abstand grösste Herausforderung für Thurgauer Unternehmen. Andererseits wird in nahezu allen Branchen erwartet, dass 2024 die Umsätze und Gewinne wieder steigen und die Auslastung entsprechend zunimmt. Vor diesem Hintergrund hüten sich die Unternehmen davor, Kündigungen auszusprechen.
Beim Investitionsvolumen erwarten die Unternehmen keine Veränderungen. Nach einem Jahr mit wachsendem Margendruck sowie stark gestiegenen Energie-, Kapital- und Produktionskosten scheinen sie den Gürtel für 2024 etwas enger schnallen zu müssen.
Kerngeschäft als grösste Wachstumsmöglichkeit
Dennoch ist Optimismus spürbar. Vier von fünf Betrieben wollen das Potenzial in ihrem Kerngeschäft besser ausschöpfen. Auch in Akquisitionen sowie Produkt- und Prozessinnovationen sehen die Unternehmen Möglichkeiten, ihr angestrebtes Wachstum zu realisieren.
Ausschöpfung des Kerngeschäfts als grösste Wachstumsmöglichkeit
Frage: Wo sehen Sie die grössten Wachstumsmöglichkeiten für Ihr Unternehmen? Mehrfachnennungen möglich.
Am unteren Ende der Chancen-Rangliste finden sich Innovationen in Umweltbelangen. In einer Welt, die zunehmend auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz setzt, wird die Anpassung der Geschäftsmodelle in Bezug auf diese Themen eher als Herausforderung wahrgenommen. Wie diese in der Praxis gemeistert werden kann und welche Chancen sich daraus ergeben, erfahren Sie in unserem Artikel über Nachhaltigkeit in der Unternehmenswelt.
Verwendete Daten
Die für den Text verwendeten Daten stammen, sofern nichts anderes erwähnt, aus der jährlichen Wirtschaftsumfrage der TKB bei Thurgauer Unternehmen. Sie reflektieren ein nicht repräsentatives Spiegelbild der wirtschaftlichen Entwicklung im Kanton Thurgau.
Saldomethode
Der Saldowert entspricht der Differenz der Anteile positiver und negativer Nennungen in Prozent. Beispiel: Bei 40% der Unternehmen ist der Umsatz höher und bei 10% geringer. Das ergibt einen Saldowert von 30%. Die 50% Nennungen für gleichbleibenden Umsatz werden nicht berücksichtigt.
Ergebnisse nach Branchen
Die Thurgauer Kantonalbank führt jährlich eine Firmenkundenumfrage durch. Beachten Sie auch die Analysen zu einzelnen Branchen.